Komet Panstarrs - der geschweifte Frühlingsbote
Ihr Begleitbuch zum Kometen
Komet Panstarrs
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Komet Panstarrs - der geschweifte Frühlingsbote
Preis: EUR 7.90

Komet West (1976)

Komet West (C/1975 V1) wurde am 05.11.1975 von dem dänischen Berufsastronomen Richard Martin West auf Fotoplatten entdeckt, die bereits am 24.09.1975 an der europäischen Südsternwarte in La Silla (Chile) mit einem 1m-Teleskop aufgenommen worden waren. Kurz danach stellte sich heraus, dass der Komet bereits am 10. und am 13.08.1975 am gleichen Teleskop fotografiert worden war. Mit diesen Daten konnte man seine Bahn recht zuverlässig bestimmen. Demnach sollte er um die Zeit seines Periheldurchgangs (25.02.1976, Periheldistanz 0.2 AE) etwa 5 mag erreichen. Doch schon im Dezember 1975 zeigte sich, dass Komet West heller als zunächst erwartet erschien, sodass er mit etwa 2 mag im Februar und März 1976 ein beachtliches Objekt für das bloße Auge zu werden versprach. Nach den Erfahrungen mit Komet Kohoutek traute sich aber niemand eine entsprechende Vorhersage in die Öffentlichkeit zu bringen.
Im Unterschied zu seinem mittlerweile berüchtigten Vorgänger entwickelte sich West denn auch zunächst wie erwartet. Doch dann kam es Mitte Februar 1976 binnen weniger Tage zu einer dramatischen Helligkeitssteigerung von etwa 3 mag auf 1 mag am 20.02.1976 und -1 mag am 22.02.1976. Am Tag seines Perihels hatte er -3 mag erreicht und wurde mit Teleskopen und sogar Ferngläsern problemlos am Taghimmel beobachtet. John Bortle konnte ihn schließlich an diesem 25.02.1976 7 Minuten vor Sonnenuntergang mit bloßem Auge sehen. Als er Anfang März in der Morgendämmerung sichtbar wurde, hatte er einen breiten, gefächerten Staubschweif von bis zu 25° Länge entwickelt; um den 5. März bot er einen überwältigenden Anblick. Rückblickend war es der wohl schönste Komet des 20. Jh - doch die breite Öffentlichkeit bekam davon nichts mit, weil sie aus übergroßer Vorsicht, die aus dem Kohoutek-Desaster resultierte, nicht informiert worden war. Zudem war der Komet am Abendhimmel nicht sichtbar, sodass es auch wenig Zufallsbeobachtungen gab.

Bei jenen die ihn sahen, hat Komet West einen tiefen und bleibenden Eindruck hinterlassen. 21 Jahre später schrieb Hartwig Lüthen:
Ich stand also ... auf dem Acker. Nur, zu meinem Ärger testete offenbar gerade jemand die Flutlichtanlage des nahen Sportplatzes: Ein Lichtkegel erhellte ausgerechnet den Teil des Himmels, wo ich den Kometen suchen wollte. Warum machte der Platzwart so etwas bloß um fünf Uhr morgens?
Doch der nervende Lichtkegel wurde immer heller und ragte schon volle 20 Grad über den Horizont. Plötzlich erblickte ich an seinem Ende einen hellen Stern - und verstand: Das ist der aufgehende Kometenkopf!
(Sterne und Weltraum 3/1997, 197)

Am 05.03.1976 wurde erstmals festgestellt, dass der Kern von C/1975 V1 sich geteilt hatte; am 09.03.1976 zählte man bereits 4 Bruchstücke. Der eigentliche Zerfall hatte aber mit Sicherheit bereits früher stattgefunden und war Ursache sowohl der plötzlichen Helligkeitssteigerung im Februar als auch der großen Staubproduktion. Auch das markante Auffächern des Schweifs kann eine Folge der Kernteilungen sein. Neben dem vielfach gestreiften Staubschweif zeigte West auch einen bläulich leuchtenden schmalen Gasschweif. Wärend West im Laufe des März immer früher aufging, ließ seine Helligkeit allmählich nach; Mitte des Monats war seine große Zeit bereits vorbei. Er konnte jedoch noch bis Anfang April mit bloßem Auge verfolgt werden; teleskopisch wurde er letztmals am 25.09.1976 beobachtet.

Die wissenschaftliche Bedeutung von Komet West liegt darin, dass nie zuvor eine Kernteilung so gut dokumentiert worden ist. Daneben gehörte er zu den ersten Kometen, bei denen mit Hilfe radioastronomischer Methoden Hydroxyl-Moleküle in der Koma nachgewiesen werden konnten.

Foto von Komet West
Komet West am 09.03.1976 (NASA).

Steckbrief des Kometen West
Entdeckung: 05.11.1975
Perihel: 25.02.1976, 0.20 AE
Erdnähe: 29.02.1976, 0.79 AE
Neigung der Bahn zur Erdbahn: 43 Grad
Umlaufszeit um die Sonne: 558000 Jahre (?)
Mit bloßem Auge sichtbar: ca. 10.02. - 11.04.1976
Max. Helligkeit: -3.0 mag
Max. Schweiflänge: 25 Grad

Vergleich mit Komet Panstarrs
Es gibt unübersehbare Parallelen zwischen den Kometen West und Panstarrs. Bei beiden ist die Bahn stark zur Erdbahnebene geneigt; beide kreuzen die Erdbahnebene von Süden nach Norden, sodass sie vor ihrem Perihel auf der Südhalbkugel und danach auf der Nordhalbkugel der Erde sichtbar sind. Zudem durchlaufen beide ihr Perihel zur gleichen Jahreszeit (West 25. Februar, Panstarrs 10. März) relativ dicht bei der Sonne (0.2 AE bei West, 0.3 AE bei Panstarrs), sodass der Periheldurchgang nur am Taghimmel oder in der Dämmerung verfolgt werden kann. Und schließlich kommen beide Schweifsterne der Erde nicht sonderlich nah (0.79 AE bei West, 1.10 AE bei Panstarrs). Doch es bestehen auch Unterschiede:
Komet West war zur Zeit seiner besten Entwicklung am Morgenhimmel zu sehen, während Panstarrs dann am Abendhimmel in Erscheinung treten wird. Die Bahn von West war zudem deutlich weniger (43° statt 78°) gegen die Erdbahn geneigt, sodass er sich nach der Perihelpassage schneller aus der Dämmerung lösen konnte. Nach den derzeitigen Prognosen wird Panstarrs eine größere scheinbare Helligkeit erreichen, als noch bis 10 Tage vor dem Perihel für West erwartet worden war. Sollte C/2011 L4 jedoch ebenfalls eine Kernteilung erleiden - was auf Grund der relativ starken Annäherung an die Sonne nicht unwahrscheinlich ist - so könnte er eine ebenso eindrucksvolle Himmelserscheinung werden wie seinerzeit Komet West.

Bahn des Kometen West durch das innere Sonnensystem
Bahn des Kometen West durch das innere Sonnensystem. Eingezeichnet ist seine Position am Tag der größten Erdnähe.
Genau wie Panstarrs kreuzte er die Erdbahnebene von Süd (in der Grafik unten) nach Nord.
Fotos

Google Bildersuche: "Comet West"

Links

Gary W. Kronk: C/1975 V1 (West)

Tony Hoffmann: Comet West - The Great Comet of 1976

Rainer Kracht: West 1975 V1

John O'Neil: Comet West

Sterne und Weltraum: Komet West im Jahr 1976

Universe Today: Comet West

Wikipedia: Comet West

Literatur

Anonymus (1975): Komet West (1975 n); Sterne und Weltraum 12/1975, 401.

Anonymus (1976a): ESO-Komet (1975 n); Sterne und Weltraum 3/1976, 75.

Anonymus (1976b): Komet West; Sterne und Weltraum 4/1976, xx-yy.

Anonymus (1976c): Neues vom Kometen West; Sterne und Weltraum 5/1976, zz.

Anonymus (1976d): Beobachtungen des Kometen West (1975n); Sterne und Weltraum 7-8/1976, 264.

Bendel, R. (1976): Kernteilung beim Kometen West (1975n); Sterne und Weltraum 7-8/1976, 224-225.

Gerstenberger, Max (1976): Kometenbericht. In: Das Himmelsjahr 1977, 40-41. Franckh'sche Verlagshandlung, W. Keller & Co., Stuttgart.

Koutchmy, S.; Coupiac, P.; Elmore, D.; Lamy, P. & Sèvre, F. (1979): Comet West 1975n; I. Observations near and after Perihelion Passage. Astron. Astrophys. 72, 45-49.

Lüthen, Hartwig (1997): Komet West, vor 21 Jahren; Sterne und Weltraum 1/1997, 196-197.

Meyer, Maik (2012): Große Kometen der letzten 50 Jahre; VdS Journal für Astronomie 42, 6-15.

Sekanina, Z. & Farrell, J.A. (1980): The striated dust tail of Comet West 1976 VI as a particle fragmentation phenomenon. The Astronomical Journal 85 (11), 1538-1554.