Warum Komet Panstarrs hell werden sollte
Jedes Jahr werden inzwischen dutzende, wenn nicht über 100 neue Schweifsterne entdeckt. Hinzu kommen die bekannten kurzperiodischen Kometen, von denen sich fast immer einer oder mehrere gerade in Sonnen- und/oder Erdnähe aufhalten. Doch in aller Regel sind sind sie nur in Teleskopen oder allenfalls in lichtstarken Feldstechern zu beobachten; nur gelegentlich wird einer als verwaschenes Nebelfleckchen so gerade eben für das bloße Auge sichtbar. Ein wirklich heller Komet mit prächtigem Schweif ist im Durchschnitt nur alle 5 - 10 Jahre zu erwarten. Dies bedeutet, dass vielleicht nur etwa jeder 500. oder 1000. Komet, der in unsere Nähe gelangt, sich zu einer wirklich eindrucksvollen Himmelserscheinung auswächst. Offenbar sind dazu ganz spezifische Voraussetzungen erforderlich. Aber welche sind das?
Blickt am in die Geschichte der Kometen, so stellt man fest, dass fast alle hellen Schweifsterne langperiodische sind, deren Umlaufzeiten um die Sonne sich nach Jahrtausenden oder Jahrhunderttausenden bemessen. Der einzige kurzperiodische Komet, der wirklich hell werden kann, ist 1P/Halley. Die anderen kurzperiodischen Kometen sind nach zahlreichen Umläufen um die Sonne bereits so oft "durchgebraten" worden, dass sie den größten Teil ihrer flüchtigen Bestandteile (Gase und Staub) längst verloren haben. Nun sind die allermeisten Kometen, welche in das innere Sonnensystem gelangen, aber langperiodisch. Eine lange Umlaufzeit ist demnach eine zwar notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für eine helle Kometenerscheinung. Damit ein langperiodischer Schweifstern zu einem "Großen Kometen" wird, muss zusätzlich mindestens eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt sein.
1. Der Komet besitzt einen ungewöhnlich großen Kern. Je größer der Kern eines Kometen ist desto mehr Gase und Staub kann er freisetzen. Die allermeisten Kometenkerne messen jedoch nur wenige hundert Meter bis einige Kilometer im Durchmesser. Dagegen bringt es der Kern von Hale-Bopp (C/1995 O1) auf etwa 50 Kilometer. Entsprechend wurde dieser Komet extrem hell, obwohl er weder der Sonne noch der Erde besonders nah kam.
2. Der Komet kommt nah an die Erde heran.
Der Kern des Kometen Hyakutake (C/1996 B2) hat nur etwa 2 Kilometer Durchmesser, ist also im Vergleich zu Hale-Bopp geradezu ein Winzling. Doch da er sich der Erde bis auf etwa 15 Millionen Kilometer näherte, erschien er dennoch fast so hell wie jener. IRAS-Araki-Alcock (C/1983 H1) kam der Erde noch viel näher, erschien aber nur als diffuses Nebelfleckchen. Dagegen entwickelte sich Komet Tebbutt (C/1861 J1), als er die Erde in etwa 10 Millionen Kilometern Entfernung passierte, zum gewaltigsten Kometen, den man jemals am Himmel gesehen hat. Auch sein Kern war sehr klein, aber offerbar viel aktiver als derjenige der beiden anderen genannten Beispiele.
3. Der Komet kommt nah an die Sonne heran.
Je mehr sich ein Komet der Sonne nähert desto stärker heizt sich sein Kern auf und umso mehr Gas und Staub werden folglich freigesetzt. Unter solchen Umständen kann auch ein kleiner Komet eine prachtvolle Erscheinung abliefern. Als Beispiele aus jüngerer Zeit seien die Kometen Bennett (C/1969 Y1), Kohoutek (C/1973 C1), West (C/1975 V1) und McNaught (C/2006 P1) genannt, die ihren sonnennächsten Bahnpunkt alle innerhalb der Merkurbahn erreichten. Besonders extreme Fälle sind die sog. Sungrazer, welche sich der Sonnenoberfläche bis auf wenige hundertausend Kilometer annähern. Zu ihnen gehören die hellsten Kometen, welche jemals beobachtet wurden, wie z.B. der Tageslichtkomet (C/1843 D1), der Große Septemberkomet (C/1882 R1) oder Ikeya-Seki (C/1965 S1). Typischerweise sind sie für einige Stunden oder Tage neben der Sonne am Taghimmel sichtbar und entwickeln nach ihrer Sonnenpassage extrem lange und schlanke Schweife. Ein weiterer Sungrazer war unlängst Komet Lovejoy (C/2011 W3), welcher nach seiner Sonnenpassage für einige Tage mit einem eindrucksvollen Schweif den Himmel der südlichen Erdhalbkugel zierte. Sein Kern maß vermutlich nicht einmal 500m im Durchmesser.
Der Große Komet von 1577 (C/1577 V1), der zu den hellsten zählt, die jemals beobachtet wurden, näherte sich der Sonne bis auf etwa 25 Millionen Kilometer (0.18 AE).
4. Der Komet hat einen Helligkeitsausbruch.
Plötzliche Steigerungen der Helligkeit werden bei vielen Kometen beobachtet. Oft liegt dies daran, dass der Kometenkern sich in mehrere kleinere Teile aufspaltet oder aber komplett zu einer Staubwolke zerfällt. Je näher ein Komet an die Sonne kommt und je kleiner sein Kern ist desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Zerfallsprozess kommt. Bei Sungrazern geschieht dies eigentlich immer, zumeist einige Stunden oder Tage nach der Sonnenpassage. So teilte sich der Kern von Ikeya-Seki (C/1965 S1) in mehrere kleinere Kerne auf, Komet Lovejoy zerfiel sogar vollständig, sodass nur sein Schweif übrig blieb, der dann mangels Nachschub an Staub von Tag zu Tag immer mehr verblasste, während seine Länge noch zunahm. Aber auch bei Kometen, die nicht ganz so dicht an die Gluthölle unseres Zentralgestirns herankommen, werden Kernteilungen oder Totalzerfälle beobachtet, so z.B. bei dem bereits erwähnten Kometen West (C/1975 Y1), bei LINEAR (C/1999 S4) oder bei Elenin (C/2010 X1).
Bislang nicht befriedigend zu erklären sind hingegen wiederkehrende Helligkeitsausbrüche, die gelegentlich bei sonnenfernen kurzperiodischen Kometen beobachtet werden. Ein extremer Fall war 17P/Holmes, dessen Kern recht klein (ca. 3.5 km) und normalerweise wenig aktiv ist, da er der Sonne nie näher als der Planet Mars kommt. Am 24.10.2007 steigerte er seine Helligkeit binnen 24 Stunden um einen Faktor von einer Million, ohne dabei zu zerfallen.
5. Der Komet steht ungefähr auf der Verbindungslinie Sonne - Erde.
Führt seine Bahn einen Kometen zumindest in etwa zwischen Sonne und Erde, so kann sich seine Helligkeit durch Vorwätsstreuung des Sonnenlichts an den Staubpartikeln der Koma und des Schweifs deutlich erhöhen. Dieser Effekt trug entscheidend dazu bei, dass Komet McNaught (C/2006 P1) am 13./14./15.01.2007 am Taghimmel sichtbar wurde, obwohl es sich keineswegs um einen Sungrazer handelte. Ein ganz ähnlicher Fall war Skjellerup-Maristany (C/1927 X1), der sogar noch etwas heller als McNaught erschien.
Die obige Aufstellung zeigt, dass einige der berühmten Kometen mindestens 2 der 5 Kriterien erfüllt haben. Ein Schweifstern, auf den sämtliche 5 Kriterien erfüllt, würde alles übertreffen, was man jemals am Himmel gesehen hat. Ein solcher "Superkomet" wäre langperiodisch, hätte einen Kern von mindestens 30 Kilometern Durchmesser, würde zunächst als Sungrazer dicht an der Sonne vorbeiziehen und dadurch in mehrere Teilstücke zerbrechen, sich danach ungefähr auf der Verbindungslinie Sonne und Erde bewegen und schließlich dicht an der Erde vorbeiziehen.
Wie steht es aber nun hinsichtlich o.g. Kriterien um Komet Panstarrs?
Er ist ohne Zweifel langperiodisch, seine Bahn wurde als hyperbolisch bestimmt. Wie eigentlich immer in solchen Fällen wird es sich in Wirklichkeit um eine unglaublich langgestreckte Ellipse handeln, die sich durchaus ein Lichtjahr (!) weit in den Raum hinaus erstrecken kann. Die Umlaufszeit von Panstarrs bemisst sich also vermutlich auf hunderttausende oder gar Millionen Jahre. Naturgemäß ist daher nicht feststellbar, ob er in ferner Vergangenheit bereits einmal erschienen ist oder ob es sich um seinen ersten Besuch im inneren Sonnensystem handelt.
Die Tatsache, dass Panstarrs bereits in sehr großer Sonnenentfernung entdeckt wurde und dort bereits eine gut entwickelte Koma besaß, deutet jedenfalls auf einen überdurchschnittlich großen und aktiven Kometenkern hin. Er wird sich der Sonne Anfang März bis auf eine Entfernung von 50 Millionen Kilometern nähern, etwa soweit wie die bereits erwähnten Kometen Bennett und West. Ob sein Kern dabei zerbricht, lässt sich nicht vorhersagen - bei West geschah dies, bei Bennett nicht. Dass er sich - womöglich noch vor Erreichen seines sonnennächsten Bahnabschnitts - völlig auflöst, ist angesichts seiner Größe eher unwahrscheinlich. Sicher ist dagegen, dass er weder nah an die Erde herankommt noch von einer Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts profitieren wird, denn von der Erde aus gesehen führt seine Bahn seitlich hinter der Sonne vorbei.
Wenn nicht der unwahrscheinliche Fall der vorzeitigen Totalauflösung eintritt, ist also im März 2013 durchaus mit einer eindrucksvollen Kometenerscheinung zu rechnen, vielleicht vergleichbar mit den hellen Kometen der 1970er Jahre Bennett, West und Kohoutek. Ja, Sie lesen richtig - Kohoutek war ein heller Komet! Bekannt wurde er natürlich vor allem als der vorgebliche Jahrhundert-Komet, der zum Jahrhundert-Flop mutierte. Dies lag vor allem daran, dass die Erwartungen an seine Helligkeit von vorne herein völlig unrealistisch waren. Tatsächlich erreichte Kohoutek in den Tagen nach seiner Sonnenpassage etwa die gleiche Helligkeit wie Bennett und West. Und auch letzterer entfaltete seine ganze Pracht nur für etwa 10 Tage. Doch da war das Wetter in Mitteleuropa offenbar gut - und als Kohoutek hell war, eben nicht ...
Auf jeden Fall geben die o.g. 3 Kometen, an die sich viele aus der Generation 50+ noch gut erinnern, einen sehr guten Eindruck davon, was wir realistischerweise von Panstarrs erwarten können. Und aus diesem Grund stellen wir sie in diesem Infoportal jeweils auf einer eigenen Seite kurz vor.
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